Freunde und Bekannte ſehen mich in letzter Zeit mit dem Heftchen „Signa Heft Nr.9 – Das große Eszett“ herumlaufen und erklären mich für verrückt, wie ich ſo etwas denn freiwillig leſen könne.
Doch für mich als linguiſtiſch intereſſierter Menſch und ſʒ-Fan iſt dies momentan eine wichtige und ſpannende Zeit.
Denn am 27. April 2007 wurde von der DIN beſchloſſen, das verſale Eszett ſolle als „LATIN CAPITAL LETTER SHARP S“ im Unicode unter U+1E9E aufgenommen werden.
Binnen einer Jahresfriſt muß (und wird hoffentlich) dies nun vom Unicode Conſortium abgeſegnet werden.
Ich perſönlich hoffe ſehr darauf, daß dies geſchehen wird, damit dieſe unlogiſche Lücke in unſerem zweihäuſigen Schriftſyſtem endlich geschloſſen wird – eine Diskuſſion, die nun letztlich ſchon ſeit 128 Jahren beſteht.
Endlich beſtünde dann keine Verwechſlungsgefahr mehr von MASSE und MASSE. Schlechte Kompromiſſe und Erſatzformen wie MASZE, die in alten Duden (wie z.B. in meinen beiden antiquariſchen Auſgaben von 1953 und 1973) vorgeſchlagen werden, ohne zu beachten, daß man nicht ſagen kann, ob das ß eine Ligatur aus ſ (dem langen, deutſchen s, nach der Einführung von Antiqua als Normalſchrift 1941 leider auſgeſtorben) plus ʒ (z) oder aus ſ plus rundem s entſtanden iſt, ſind dann ebenfalls nicht mehr notwendig.
Alle Meißners, Weißners, Weissners und Liszts werden ſich ſicherlich freuen, ihren Namen dann endlich auch in Großbuchſtaben ſchreiben zu können, ohne entweder einer Verwechslungsgefahr zu unterliegen oder ihn MAßLOS falſch, mit kleinem ß in der Mitte, ſchreiben zu müſſen.
Da ich mich perſönlich auch gerade bei der Entwicklung der 2.0er Verſion des neuen, deutſchen Taſtaturlayouts NEO beteilige (wo ich u.a. bereits die echten deuſchen Anführungsſtriche ſowie den echten Gedankenſtrich vorgeſchlagen und durchgesetzt bekommen habe), habe ich nun des Weiteren vorgeſchlagen, den Platz auf Shift-ß vorſorglich nicht zu belegen, ſondern freizuhalten, damit das verſale ß direkt ſeinen Platz finden können wird.
Hach, ich freue mich, wenn Bewegung in die Sache kommt. Und NEO 2.0 iſt wohl ebenfalls bald fertig. 🙂
Wer ſich für die Geſchichte des verſalen Eszetts intereſſiert, dem empfehle ich als Literatur das o.g. Heft. Zu beſtellen unter http://www.signographie.de/cms/signa_9.htm.
Wer ſchneller, effektiver und moderner tippen möchte, dem empfehle ich langfriſtig NEO als ein alternatives Taſtaturlayout.
Mein Dank geht an Andreas Stötzner, Autor und Herausgeber der Signa, der 2004 mit dem erſten Antrag nach längerer Zeit den Stein wieder ins Rollen gebracht hat.
Sprache wird ja von den Sprechern gemacht. Und auch, wenn dies leider dazu führen kann, dass schöne, alte Begriffe aussterben und sogar ganze Fälle vom Aussterben bedroht sein können, ist dies nun einmal der Lauf der Dinge.
Dass ein großes Eszett gefordert wird, ist nicht neu. Wie gesagt besteht diese Diskussion bereits seit 128 Jahren (welche magische Zahl ;)), und dass das versale ß de facto sogar schon lange existiert, beweist manch alter Epitaph auf dem lokalen Friedhof. Und auch, wenn der Kai zu denjenigen gehört, die nun schreien, es könne gar kein versales ß geben: Dass inzwischen nicht nur Andreas Stötzner, sondern auch andere das versale ß in ihren Fonts einbauen (http://www.pro-linux.de/news/2007/11316.html), ist für mich der Beweis, dass es sich dieses Mal durchsetzen wird. 🙂 Des Weiteren möchte ich all jene bitten, die in diese Diskussion fachgerecht einsteigen wollen, das Signa 9-Heft zu lesen.